Bericht über Hurrikan Waka an Silvester 2001/2002

 


Liebe Freunde,

Direkt über Vava'u, Tonga ist der stärkste Hurrikan, den Tonga je erlebte, gezogen. Falls Ihr Euch Sorgen um uns gemacht haben solltet, da Ihr davon gehört habt: wir haben alles gut überlebt.

Hurrikan Waka zog in der Neujahrsnacht von Norden kommend direkt über unsere Inselgruppe mit Windstärken von 95 bis 135 Knoten, das sind ca. 180 bis 250 Stundenkilometer. Der Druck im Auge war laut Wetterkarte 930 millibar, das ist auf unserem Barometer nicht mehr auf der Skala !! Der Wind kam erst von Nordost, dann nach ca. 90 Minuten Windstille im Auge, Wind aus Südwest, der noch stärker war, als der NE ! Vor allem hatten wir in der zweiten Hälfte noch etwa ein bis zwei Meilen freies Wasser, und obwohl die Hungalagune ganz von Hügeln eingeschlossen ist, reicht diese Distanz bei den Windstärken, dass sich eine unheimliche See aufbauen kann.

waka02.jpg 330x226 Wir hatten früh genug Warnung erhalten und konnten uns so gut vorbereiten. Die Sachen aus der Hütte kamen in das Steinhaus, unseren "Bunker". Das Boot wurde an die Hurrikanmooring verlegt und mit vier dicken Leinen befestigt. Das Beiboot wurde mit leeren Kanistern und Fendern vollgeladen. Alle losen Teile an Deck wurden entfernt und das Vorsegel abgenommen. der Baum dicht verschnürt und auf dem Dach festgezurrt. Dann half nur noch Warten. Gegen Abend hatte der Wind bereits Sturmstärke erreicht, nahm aber mit Herannahen des Zentrums stetig zu. Das Schiff legte sich in den Böen weit auf die Seite und geigte wild an den Leinen. Der Regen bildete eine fast undurchdringliche Wand. Das Beiboot war bald geflutet, hielt sich aber grade so an der Oberfläche. Um Mitternacht liessen wir es uns allerdings nicht nehmen, wenigstens ein Schlückchen von unserem Sekt auf's neue Jahr zu trinken. Dann wurde es bis ca. 02:30 Uhr wirklich schlimm. Danach hatten wir ca. anderthalb Stunden Ruhe im Auge, konnten die Leinen neu mit Scheuerlappen umwickeln, wo sie am Durchscheuern waren, und uns auf die zweite Hälfte vorbereiten, die normalerweise nicht mehr ganz so schlimm wie die erste ist, da der Hurrikan wegzieht. Hier war es nun so, dass der Hurrikan sich im Ziehen noch laufend vertieft hat, das heisst, die Winde waren noch stärker geworden, dazu kam, dass wir jetzt nicht mehr das Land als Schutz direkt vor uns hatten, sondern mit dem Rücken zu den Korallen lagen und den ganzen Wellengang erlebten.

Das Schiff machte wilde Bocksprünge, legte sich auf die Seite, die Gischt und der Salzspray deckten uns ein. Wie gebannt schaute ich meist auf unseren GPS Plotter, wo die Position der Mooring und die des Schiffs einen wilden Tanz aufführten. Ging das Schiff zu weit von der Mooringposition weg, schaute ich schnell ins Radar, ob wir schon drifteten. Draussen war nichts zu sehen ausser Gischt. Immer wieder schauten wir nach unseren Leinen, ein gefährliches Unterfangen auf dem tanzenden Schiff mit soviel Wind. Oft mussten wir uns begnügen, schnell den Kopf mit der Taschenlampe rauszustrecken und kurz zu schauen, ob die Leinen noch alle Zug haben. Wenn alle Leinen gebrochen wären, hätten wir versuchen können, mit dem Motor gegen den Wind zu gehen, das wäre aber zumindest in den stärksten Phasen nicht gegangen, oder wir hätten unseren Anker fallen lassen können, um nicht auf die Korallen zu driften.

waka01.jpg 300x191 Als es um sieben Uhr hell wurde, dachten wir, der Wind liesse langsam nach, es war etwas ruhiger geworden, aber Windstärken um die 60 Knoten, die uns schon wenig vorkamen, hielten bis weit in den Vormittag an.

Als es hell wurde und wir etwas sehen konnten, merkten wir erst, was für ein grosses Glück wir hatten, dass wir noch da waren. Drei von fünf grösseren Booten, die an Moorings oder vor Anker lagen, waren auf dem Riff. Riesige alte Bäume am Strand waren entwurzelt oder zerhackt, der ganze Busch sah braun aus und zerfleddert. Und als wir gestern im Dorf waren bekamen wir wirklich nachträglich noch einen Schock, so schlimm sah es aus.

Etwa 60 bis 85 Prozent aller Häuser in Vava'u sind kaputt, d.h. einfach nicht mehr da oder strukturell böse beschädigt. Wir waren heute in Hunga. Viele Häuser sind nicht mehr da. Die ganzen Fruchtbäume, vor allem Brotfrucht, die gerade am Reifen war, riesige alte Mangobäume, alles ist umgefallen oder zumindestens schwer beschädigt, die Felder werden wohl ähnlich aussehen. Keine Bananenstaude oder Papaya steht mehr. Das Steingebäude der Mormonen ist bis auf die beiden kurzen Wände total weg, ebenso das Schulgebäude.

waka03.jpg 330x212Die gute Nachricht, unsere Hütte und Bunker stehen noch!! Auf den Bunker ist ein Palmenstamm gefallen, schmack mitten drauf, das Wellblech ist beschädigt, aber nichtmal die Holzkonstruktion über dem Betondach. Auf unser Klohäuschen ist ein halber Baum gekracht, aber es steht auch noch, nur Wellblech verbogen. Andererseits sieht es sonst sehr, sehr böse aus. Wir haben freie Sicht zum Meer, der Avocadobaum, der so schön vollhing, hat alles abgeworfen und eine Seite ist von einer Palme rasiert, das gleiche mit dem Mangobaum. Auch viele andere kleinere Fruchtbäume waren umgeworfen, zum Teil konnten wir sie wieder aufrichten und festbinden. Fast alle Bananen (13 Stauden waren dran) sind unten, auch Papaya, viele Fruchtansätze der Mandarinen und Orangen. Man kommt kaum irgendwo durch, überall umgefallene Bäume oder Äste. Die Bäume oder Baumteile, die stehengeblieben sind, haben das Laub abgeworfen oder braune Blätter vom Salzspray. Bei dem Österreicher Hans, der oben auf Fofoa lebt, hat das Haus auch gehalten, nur auf einen Schuppen fiel ein Baum, dafür hat er jetzt auch Meerblick.

waka04.jpg 330x215 Unser Boot hatte auf den ersten Blick auch nur ein Stück Teakholz von der Seereling verloren. Gestern abend wollten wir an die andere Mooring, da stellten wir fest (zum Glück vor dem Losschmeissen der Mooring) dass das Ruder so leicht ging. Es hatte einen dicken Bolzen der Verbindung der Pinne zum Ruder abgeschert. D.h. im Notfall wären wir in der letzten Phase des Sturms, vorher sahen wir die Pinne noch kräftig schlagen, nicht mal manövrierfähig gewesen. Gegen den Wind und die Welle hätten wir aber eh keine Chance gehabt. Die Mooring und alle Leinen bis auf ein paar Scheuerstellen haben prima gehalten. La'aa, das Beiboot, hatten wir ja mit Kanistern und Fendern gefüllt und es war voll Wasser, schwamm aber grade noch so hinter dem Boot. Eine Klappe hatte sich losgerissen und der Fender war weg, aber heute waren wir bei Ika Lahi, dem Resort, die hatten ihn am Strand gefunden. Dort bei Ika Lahi ist von den Gebäuden alles ziemlich in Ordnung, etwas Schaden am Dach, aber von ihren drei Booten ist eines, das Grösste, an den Felsen auf dem Riff und kann wohl abgeschrieben werden, das andere, ein kleiner Katamaran, sitzt auf dem Strand mit Schaden, kann aber vielleicht repariert werden, das dritte schwimmt noch, ist aber etwas zerzaust. Das grosse Boot der Kirche in Hunga hat seinen Minianker durch die ganze Lagune geschleppt und liegt sehr schwer beschädigt auf dem Riff.
In Neiafu soll es auch böse aussehen, 1 Gamefishing Boot gesunken, mindestens ein weiteres auf dem Riff, ein oder zwei Charter Boote haben in einem Cafe am Hafen geparkt und weitere Boote sind wohl an Land.

Wir wundern uns immer noch, dass wir so gut davongekommen sind, wenn wir das alles so sehen und hören. Allerdings gab es keine schweren Verletzungen und nur in Ha'apai einen Herzschlag-Toten. Unglaublich, bei den Massen an Wellblech und Bäumen, die geflogen sein müssen.

Ich mach jetzt Schluss, bin ziemlich geschafft, hab zwar die letzte Nacht geschlafen, aber davor war ich etwa 36 Stunden auf den Beinen. Und Geister- und Achterbahn brauch ich auch nicht mehr fahren, das hatten wir zu Genüge.

Soweit der Originalbericht, der noch ganz unter dem Einfluss der Geschehnisse geschrieben wurde.

Die Natur hat sich sehr schnell erholt, man konnte den neuen Sprösslingen fast zusehen, wie sie gewachsen sind. Leider haben die Menschen wesentlich länger an den Folgen zu leiden. Zwar liefen von allen Seiten Hilfsprojekte an, aber selbst heute noch leben viele Tonganer in ihren Ruinen oder gar in Zelten. Trotzdem sind sie guter Dinge, Leben, Lachen und Tanzen sind wichtiger als hektische Betriebsamkeit, um wieder aufzubauen, was der nächste Sturm vielleicht schon wieder zerstört. Hoffen wir, dass wir alle eine ereignislose Hurrikansaison haben werden.

Elke & Werner

 

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